Zwickel: "die Mitglieder wollten nicht so recht demonstrieren"

Klaus Zwickel gibt am 13.6. in einer Rede in Berlin (Bericht Tagesspiegel) und am 15.6. in einem Interview des Deutschlandfunks ganz unverschämte Tatsachenverdrehungen zum besten. Nach seiner Darstellung war die geringe Beteiligung an den Kundgebungen des 24.5. nicht darin begründet, daß die Gewerkschaftsführung offensichtlich an einer größeren Mobilisierung kein Interesse hatte, sondern darin, daß die Kollegen angeblich Teile der Agenda 2010 akzeptieren wollen.

Auf diese Weise soll eine Begründung dafür gezimmert werden, daß er und seinesgleichen die Agenda jetzt zunehmend offen doch akzeptiert, natürlich mit ein paar Korrekturen.
wgr 15.6.2003

 

Aus dem Tagesspiegel (13.6.):

"Berlin (alf). Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel ändert die Strategie gegen die Agenda 2010. Zwickel sagte in Berlin, die erste Protestphase sei vorbei. „Jetzt müssen wir selbstkritisch feststellen, dass wir Hunderttausende nicht erreicht haben.“ Zwickel meinte damit Unterschriftenaktionen sowie den bundesweiten Protesttag der Gewerkschaften am 24. Mai. „Bei großzügiger Zählung kommen wir auf 90000 Teilnehmer“, sagte Zwickel. Und das sei „nicht das, was wir erwartet haben“. In einer „zweiten Phase“ gehe es nun darum, „auf die Politik zuzugehen – was denn sonst?“ Die Gewerkschaften könnten entweder „mitgestalten oder die Politik machen lassen“. "

http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/16.06.2003/615509.asp

Aus dem Deutschlandfunk-Interview:

"....
Finthammer: Ich habe die Regierungserklärung des Bundeskanzlers bereits zitiert, insofern sollte uns ein Blick auf die Agenda 2010 eigentlich leicht fallen. Sie waren Anfang Mai einer der beiden Gewerkschaftsführer, die das Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder im SPD-Gewerkschaftsrat haben platzen lassen. Stattdessen wollten Sie den Bundeskanzler und die Koalition über einen 'heißen Mai’ zum Einlenken bewegen. Heraus gekommen ist viel heiße Luft. Zwar haben ja eine Woche vor dem SPD-Sonderparteitag rund 90.000 Gewerkschafter demonstriert, aber das war letztlich doch nicht das, was Sie sich eigentlich hätten erhoffen müssen. Und eine Woche später hat der Kanzler auf dem Sonderparteitag eine Zustimmung von über 90 Prozent der Delegierten erreicht. Kurz gesagt, Ihre Konfrontationsstrategien in bezug auf die Agenda 2010 ist doch auf ganzer Linie gescheitert.

Zwickel:
Nun, ob sie auf ganzer Linie gescheitert ist, das werden die nächsten Monate zeigen, weil die Auseinandersetzung ja noch nicht zu Ende ist. Das war sozusagen die erste Phase in dieser politischen Auseinandersetzung um die Agenda 2010. Aber Fakt ist: Wir haben ganz bewusst diese erste Phase so gestaltet, und ich in Person besonders, weil ich auch innerhalb der deutschen Gewerkschaften und auch speziell innerhalb der IG Metall an der Stelle Klarheit wollte. Und diese Klarheit haben wir. Die Entscheidung ist deutlich, und wir müssen kritisch feststellen: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verhalten sich zur Agenda 2010 widersprüchlich. Das wissen wir auch aus Umfragen. Auf der einen Seite wird von den Gewerkschaften erwartet, dass sie all jene Punkte, die sozusagen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in besonderer Weise belasten, dass sie das ablehnen, dass sie da auch in entsprechender Weise Widerstand organisieren, aber auch gleichzeitig, dass doch eine vergleichsweise große Bereitschaft ist, an der einen oder anderen Stelle zumindest Teile dieser Agenda zu akzeptieren, vielleicht nicht so, wie sie gegenwärtig vorgesehen ist, aber doch tendenziell. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, und das heißt schlicht und einfach – die Frage steht jetzt –: Wie und mit welcher Zielsetzung gehen jetzt die Gewerkschaften in die weiteren politischen Gespräche und weitere politische Auseinandersetzungen. Und das wird ja spannend, nachdem jetzt die erste Lesung in der kommenden Woche stattfinden wird. Dann wird das in den nächsten Wochen notwendig sein, dass wir uns mit Vorschlägen in diese Auseinandersetzung einmischen."

http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-interviewwoche/333.html

 

 

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