Internet Statement 2000-25


Der Umsturz vom 5. Oktober in Belgrad

- Nachtrag zu unserer Erklärung vom 4.10.
"Die jugoslawischen Wahlen und der Westen"


In den Demonstrationen vom 5. Oktober in Belgrad hat sich auf der einen Seite der Ärger breiter Bevölkerungskreise gegen die Regierung Milosevic wegen der Armut entladen, die sich teils bedingt durch das System, aber jedenfalls auch in erheblichem Umfang durch die Sanktionen entwickelt hatte. Diese Entladung war ohne Zweifel angeschürt von den äußeren Mächten und von der Opposition, die ganz im Gegensatz zu den hier öffentlich verbreiteten Unterstellungen, sie verfüge über keine eigenen Organe, natürlich den Rückenwind sämtlicher Propagandaorgane der USA wie Radio Free Europe und der Sender rund um Serbien herum hatte. Dazu die Versprechungen, daß Serbien, wenn die Opposition gewinnt, umfangreiche Zuwendungen von den europäischen Staaten erhalten werde.

Wie aus einem Zeitungsartikel, den wir bereits öffentlich zitiert hatten, hervorging, erwartete man im Westen aber bereits (und dies ist eine andere Seite), daß Schlüsselfiguren in Geheimdienst und Armee nicht mehr zu Milosevic stehen würden. [siehe auch auf unserer Homepage unter Bezeichnende Zitate: "Wie loyal sind Milosevics Sicherheitskräfte?" aus "Die Welt" v. 4.10.00 ] Es wurden mehrere Namen genannt, darunter solche, die selber eine unrühmliche Vergangenheit haben, die faktisch heute mit dem Westen kooperierten, so daß damit das Schicksal der Milosevic-Präsidentschaft, jedenfalls an diesem 5. Oktober, besiegelt war.

Seit über einem Jahr muß aus unterschiedlichen Gründen die Unzufriedenheit gegenüber Milosevic stark gestiegen sein. Die verschiedensten Kräfte haben sich von ihm abgewandt. Es zeigt sich beispielsweise auch in Milosevics Rede vom 2. Oktober, daß er zwar über die Strategie der äußeren Mächte, und was Serbien für ein Hindernis dabei ist, vieles Richtige sagt, daß er aber, was die innenpolitische Situation angeht, im Grunde eine schon lächerliche Banalität an den Tag legt. Wenn dort z.B. gesagt wird, Serbien sei bis jetzt ein Land ohne Kriminalität gewesen, dann glaubt das wirklich niemand. Man weiß, daß die serbischen Strukturen seit langem, auch schon in der Zeit vor Milosevic, viel bürokratische Korruption enthielten. Es hatten sich dort Strukturen gebildet ähnlich denen vieler früherer osteuropäischer Staaten, die eine Bevormundung und einen Druck auf die Bevölkerung ausüben. Laut der einhelligen Berichterstattung sind Familienangehörige des früheren Präsidenten selbst in diesem System stark involviert, was die Glaubwürdigkeit untergräbt. Trotzdem ist es von nicht zu unterschätzender Bedeutung, wenn eine Regierung gegen diesen gegen die nationale Unabhängigkeit gerichteten Druck deutlichen Widerstand leistete.

RedakNE, Mitte Okt.2000