Internet-Statement 2004-11

 

Über die Aktionskonferenz in Berlin vom 6.3. - das Wichtigste in Kürze

Als erstes wurde auf Initiative eines betrieblichen Vertreters mit großer Unterstützung vieler Anwesenden eine Änderung der Tagesordnung durchgesetzt mit Berufung auf die Formulierung der Erklärung der Frankfurter Aktionskonferenz, daß "betriebliche Aktionen bis hin zu Streiks" ins Auge gefasst werden sollen. Es sollte darüber diskutiert werden, welche Aktionen anstehen. Dies führte bereits zu einer heftigen Diskussion. Ein Teil der maßgeblichen Vertreter des sozialen Bündnisses war der Ansicht, daß es ohnehin nicht zu "massenhaften Streiks" kommen würde und deswegen eine solche Akzentuierung nicht richtig sei. Die große Mehrheit sprach sich aber dafür aus. Wir waren auch der Ansicht, daß es sogar durchaus zu den Aufgaben eines sozialen Bündnisses gehört, den DGB daran zu erinnern, daß wirkliche Unterstützung nicht alleine in einer Organisierung einer solchen Demonstration liegen kann, sondern auch durch wirkliche Mobilisierung in den Betrieben an den entscheidenden Punkten unterstützt werden muß.

Die Argumentation, daß es keine massenhafte Streiks geben würde, wurde zurückgewiesen, denn niemand habe davon gesprochen. Vielmehr komme es darauf an, mit einzelnen konkreten Aktionen endlich mit der Umsetzung konkreter Mobilisierung zu beginnen. In einem Beitrag wurde auch kritisiert, daß beim DGB fast nur vom 3. April die Rede ist und daß die Aktionen am 2. April kaum Beachtung finden. Auch wurde kritisiert, daß die PDS eine Gesundheitskampagne gerade am 2. April machen will, da diese allzu leicht in Konkurrenz zu beabsichtigten betrieblichen Aktionen treten könnte.

Erfolgreich wurden verschiedene Aktionen ins Auge gefasst und an einem bestimmten Betrieb (Siemens-Turbinenfabrik in Moabit - siehe Resolution) beschlossen.

In zwei kurzen Referaten stellten Michael Prütz und Werner Hallbauer die Ziele des sozialen Bündnisses zum 2. und 3. April dar. Michael Prütz wies darauf hin, daß ein neues Zeichen für die beabsichtigte Politik in diesem Land ist, daß einer der ausgeprägtesten Repräsentanten des internationalen Finanzkapitals zum Bundespräsidenten gewählt werden soll.

Heftige Diskussionen gab es bei den weiteren Tagesordnungspunkten über die Frage des Charakters der Teilnahme des sozialen Bündnisses an der DGB-Demonstration und dem Zustandekommen der jetzigen Konstellation. Klar wurde von mehreren Rednern ausgedrückt, daß es sich hier wohl um eine freundliche Übernahme handelt. Ursprünglich hatte das soziale Bündnis versucht, eine eigenständige Demonstration aufzustellen, als zunächst noch nur eine beschränkte DGB-Demonstration im Bereich Brandenburger Tor, Großer Stern geplant war. Jetzt bekommt das soziale Bündnis größere Möglichkeiten an die Hand durch eine eigene Tribüne, Vorabkundgebung und Mitgestaltung der Demonstration. Es ist aber das Problem, daß wir auf der Demonstration die Leute unterstützen, die grade die Hartz-Pläne und die soziale Entrechtung mit getragen haben von Seiten gewerkschaftlicher Führung. Und bis jetzt ist kaum zu erwarten, daß hier auch nur eine nennenswerte Änderung in dieser Hinsicht kommt oder aber auch nur eine Abstandnahme von ihrem vorherigen Verhalten. Es wurde somit auch die Frage an das Plenum und die Verantwortlichen gestellt, wie sie sich eigentlich klar von dem Vorhaben der DGB-Führung abgrenzen. Die Diskussion im Plenum zeigte, daß es sehr viele Leute gab, die diese Bedenken teilen.
Die Diskussionsleitung hob hervor, daß man hier in Berlin durch Eigeniniative und durch Verhandlungen mit dem DGB eine bessere Position erreicht habe als sie z.B. in Köln oder Stuttgart existiert, wo solche Verhandlungen nicht stattgefunden haben und deshalb auch keine Mitgestaltung bei der Demonstration existieren würde.

Wir machten nochmals klar, daß wenn nun schon die Demonstration so stattfindet, soweit wie möglich klare Gegenpositionen auf anderen Veranstaltungen deutlich gemacht werden, daß versucht wird, auf die ganze Rolle der Gewerkschaften und ihrem Zieleinlauf in der völligen sozialen Demontage zu erfassen. Nach 50 Jahren sogenannter sozialer Marktwirtschaft kommt es unter Mitwirkung der entscheidenden Teile der gewerkschaftlichen Führung zu einem völligen Abbau und Widerruf früher selbst betonter, vermeintlicher Grundsätze. Dies bedarf allerdings einer Reflektion und einer Bearbeitung der Geschichte, die zu diesem Punkt geführt hat. Die heutige Wehrlosigkeit, das Darniederliegen faktisch jeder demokratischen Äußerung innerhalb der gewerkschaftlichen Bewegung von unten, das Fehlen einer auch nur irgendwie gearteten, von unten kommenden gewerkschaftlichen Kultur die über einzelne Aktivisten hinausgeht, bedarf nun wirklich einer Erklärung. Denn es ist eine gefährliche und in gewisser Weise sogar katastrophale Situation.

Eine Vertreterin wies darauf hin, daß im ostdeutschen Gebiet weiterhin Arbeitskräfte freigesetzt werden und durch Arbeitskräfte aus Osteuropa ersetzt werden. In der Tat ist es notwendig, daß hier Aktionen und Strukturen geschaffen werden, die dieser rigorosen Erpressung Widerstand entgegen setzen können.

Verschiedene Beiträge setzten den Akzent, daß die rot-grüne Bundesregierung umgestürzt werden muß. Dagegen wurde gesagt, daß in den Beiträgen unbedingt klar werden muß, daß die Front sich sehr wohl gegen die bestehende Regierung, aber auch gegen die "große Koaliton der Sozialräuber" richten und daß dies zum Nachdenken über das ganze System führen muß, in das sich hier die DGB-Führung auch einreiht.

Längere Zeit wurde über die Redner diskutiert. Die Versammlung entschied in einem Wahlverfahren, daß Katharina Seewald als Vertreterin des sozialen Bündnisses reden soll.

Insgesamt zeichnete sich diese Aktionskonferenz durch ein relativ sachliches Klima aus und dadurch, daß durch das gemeinschaftliche Wirken sowohl von betrieblichen Vertretern als auch von Vertretern von Organisationen immerhin einige wesentliche Entscheidungen durchgesetzt werden konnten. Früher zu kritisierendes arrogantes Verhalten bestimmter Kräfte war dieses Mal nicht zu verzeichnen. Immer wieder gab es allerdings Versuche, die Positionen, die auf konkrete Aktionen drängten, zu kritisieren, daß man nichts konkretes zur Verwirklichung beitragen wolle und ähnliche Vorwürfe, die sich jedoch als haltlos erwiesen. Die Abstimmungen fanden im Großen und Ganzen in einem fairen Klima statt.

eigener Bericht
8.3.2004

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