Internet Statement 2005-08

 

Die Wahlen im Irak
                                -unter der Besatzungsmacht

Umstände und Bedingungen

Die USA können sich die Wahlen nicht als Erfolg zurechnen, denn sie haben unter äußerer Besatzung und Bedrängung stattgefunden, sind also in keiner Weise frei. Sie sind umso weniger frei, als die von den Besatzern begünstigten Kräfte, z.B. die Führer der Kurden und der schiitischen Mehrheitsbevölkerung, zur Wahl mobilisiert bzw. kommandiert haben, um mittels Unwissenheit und religiöser Kontrolle eine große Zahl von Menschen im Irak für diese Wahl auszunutzen. Schließlich ist zu erwähnen, daß der Widerstand z.T. unklarer Herkunft, der mit blinder Bombenlegerei in erheblichem Maße Zivilisten oder auch z.B. junge Menschen, die sich aus nackter Not der Polizei angeschlossen haben, bedroht, keine Massen wirklich überzeugen kann und kein Gegengewicht gegen solche Wahlen bilden kann. Wir sehen uns in unserer Einschätzung bestätigt.

Wie die Wahl bei den Kurden und im schiitisch dominierten Süden aussah, dazu gab es im Vorfeld interessante Schilderungen:

Im Norden des Irak wurden bei dieser Wahl massiv die kurdischen separatistischen Kräfte begünstigt, für die außer für die gesamtirakische Wahl noch besondere Wahlurnen aufgestellt werden durften. Die Wähler sollten darin die endgültige staatliche Abspaltung des Nordens vom Irak sowie die faktische Aneignung von Stadt und Region Kirkuk, die von mehreren Nationalitäten bewohnt werden, durch kurdische Kräfte befürworten.

Diese Vorgänge lassen sich mit den angeblichen Besatzungszielen, der Demokratie und der Erhaltung des Irak als Staat, überhaupt nicht in Übereinstimmung bringen. Der Plan eines kurdischen Separatstaats, angeblich unabhängig, in Wirklichkeit ein Vorpostenstaat der USA, wird hier offenbar unter dem Deckmantel der irakischen Wahl gefördert.

Die Sunniten, die sich bisher immer für den Staatszusammenhalt des Irak besonders eingesetzt haben, haben sich den Berichten zufolge kaum an der Wahl beteiligt.

Über die Situation bei den Schiiten, die hauptsächlich im Süden leben, behauptete die "Welt":

"Sie stellen 60 Prozent der Bevölkerung. Wer sie hinter sich einen kann, wird die Wahl gewinnen. Das ist das Ziel der Vereinten Irakischen Allianz. Zu dieser Wahlliste gehören schlicht alle Parteien, die sich als schiitisch bekennen. Die stärkste Kraft der Allianz ist der proiranische Abdulasis Al Hakim. Die eigentliche Schlüsselfigur bleibt jedoch im Hintergrund: Großayatollah Ali Al Sistani hat die Liste erst möglich gemacht und befiehlt den Gläubigen, für sie zu stimmen. Die schiitische Wahlbeteiligung wird vermutlich bei 80 Prozent liegen." (29.01.05)

"Allawi ist der Star, Sistani hat das Drehbuch geschrieben" wurde von der FAZ einer ihrer Beobachter im Irak zitiert (13.01.05).


Es genügt jedoch nicht, nur diese offen mit der Besatzung zusammenarbeitenden reaktionären Kräfte zu erwähnen. Zu diesen Vorgängen gehört auch die erwähnte Art von Widerstand gegen die Wahl, der nicht überzeugt. Wenn von derartigen Widerstandsorganisationen geschrieben wird, sie würden alle Leute, die sich mit den Imperialisten einlassen, gleichermaßen bekämpfen, vom Zimmermädchen bis zum General, keine Unterschiede machen zwischen wirklichen Verrätern und Leuten, die aus wirtschaftlicher Not kaum anders handeln können, dann zeigt das, daß sie nicht die geringste Verbundenheit mit den Massen haben.

Dieser auf Anschlägen basierende Widerstand, der im Geheimen operiert, läuft in eine falsche Richtung. Seine Hintergründe sollten einmal näher beleuchtet werden. Es ist nicht das erste Mal in der jüngeren Geschichte, daß eine solche Taktik befolgt wird. Man fühlt sich an den sog. bewaffneten Wahlboykott erinnert, mit dem der "Sendero Luminoso" in Peru im Jahre 1980 in einer ähnlichen Weise die politische Bühne betrat. Diese Methode der Anschläge ist keine revolutionäre Methode. Anschläge können höchstens in seltenen Ausnahmefällen einen Sinn machen, als eine Ergänzung zu revolutionären Strategien. Die Taktik darauf zu basieren, ist Unsinn, es zeigt, daß die betr. Kräfte keine wirkliche Verankerung haben. Noch mehr Fragezeichen ergeben sich, wenn man die inzwischen bekannten Verknüpfungen gewisser Terrororganisation mit den USA berücksichtigt. Jedenfalls dienen diese Vorgehensweisen dazu, die revolutionäre Taktik im Lande zu diskreditieren.

Man sollte auch hinterfragen, wieso es zehn Tage lang dauern soll, bis diese Wahl ausgewertet ist. Bei dem brennenden Interesse der USA, sich dort ein Gleichgewicht unter den beteiligten Parteien zu schaffen, muß man befürchten, daß noch erhebliche Frisierungen der Wahl vorgenommen werden. Daher muß gefordert werden, daß die Einzelergebnisse unverzüglich auf den Tisch gelegt werden, auch wenn man die Wahl insgesamt nicht anerkennen kann.

Es wurde berichtet, daß manche Wahlvorschläge nur anonym vorgelegen hätten. Wegen der Terrordrohungen gegen Kandidaten sei es nicht möglich gewesen, deren Namen anzugeben, sodaß erst nach der Wahl ihre Bekanntgabe erfolgen könne. Daß dieses Verfahren in besonderem Maße Wahlmanipulationen begünstigen muß, und daß diese Art von Terror seinerseits zur Rechtfertigung solcher dubiosen Wahlverfahren dient, liegt auf der Hand.

Wenn man eine politische Mehrheit hat, kann man u.U. zum Wahlboykott aufrufen, aber wenn man sie nicht hat, kann man sie nicht mit Terror gegen Kandidaten und Wähler herbeibomben. Das ist keine Methode, dem Volk den Ausdruck seiner politischen Meinungen zu ermöglichen, und auch keine Methode, seine Meinungsbildung zu fördern.


Red. NE
30.01.05


 

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Der Krieg gegen den Irak - War on Iraq
unsere Rubrik mit zahlreichen Stellungnahmen, Meldungen und Dokumenten von Anfang 2003 bis Mitte 2004

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"Weltweite Kriegskampagne" in der die Kriegstreiberei nach den Terroranschlägen vom 11. Sept. 2001 angeprangert wird und die politischen Hintergründe beleuchtet werden

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Artikel und Analysen zum Krieg gegen den Irak von 1991
in Neue Einheit - Zusammenfassende Nummer 1991-1994