Internet Statement 2006-96


 

Energie-Mißwirtschaft in Rußland und Deutschland

- Frappierende Parallelen

Walter Grobe, 25.11.2006

 

„In Rußland wird diesen Winter das Gas knapp“, wurde dieser Tage gemeldet. Auch der Strom wird knapp, da die meisten Kraftwerke mit Gas feuern.

 

Solche Ankündigungen setzen die bitteren Erfahrungen der Bürger Rußlands aus den vergangenen Jahren fort, doch die Knappheit scheint weiter zu wachsen. Und für die EU-Länder wie auch für andere, z.B. die Ukraine, gewinnt sie zunehmende Bedeutung, da deren Abhängigkeit von der Gasprom-Mißwirtschaft und der russischen Erpresserpolitik zunimmt und die Energieversorgung noch mehr gefährdet.

 

Rußland ist das Land mit den weitaus größten Erdgasvorkommen der Welt, und trotzdem zittern dort  im Winter zahllose Bürger vor Kälte und Industriebetriebe machen dicht wegen Strommangels.

 

Ein paar Einzelheiten dazu weiter unten. Ziehen wir erst einmal die Parallele. Manchem mag  sie überzogen vorkommen, aber es schadet nie, den ‚worst case’ zu durchdenken:

 

Hierzulande gibt es eine Regierung und führende Energieversorgungsunternehmen, die sich vor jeder Kritik der Öffentlichkeit abschirmen und hinter den Kulissen ihre schmutzigen bürokratischen Absprachen treffen, fast schon in Putinscher Manier. Sie nehmen die Masse der Bürger durch viel zu hohe Energiepreise finanziell aus, gleichzeitig ruinieren sie die Kraftswerksbasis und die Netze. Gerade erst wurde bekannt, daß die Bundesregierung neue massive Strompreiserhöhungen vorbereitet. Sie plant sog. Offshore-Windparks, die Dutzende von Milliarden an Investitionen verschlingen, den  Gestehungspreis der kwH weiter nach oben treiben und erst die richtigen Unsicherheiten in der Versorgung schaffen werden. Jetzt schon wird den großen Elekrizitätsversorgern erlaubt, für die sog. Ertüchtigung ihrer Stromnetze zur Abnahme und Weiterleitung des erwarteten Windstroms von der See den Verbrauchern weitere Milliarden auf die Stromrechnungen zu setzen. Ehe Widerstand sich formieren konnte, haben Unterhändler von SPD und CDU klammheimlich die entsprechenden  Paragraphen in ein „Investitionsplanungsbeschleunigungsgesetz“ hineingeschrieben und die Sache rasch durch Bundestag und Bundesrat geschleust.

 

Die Offshore-Windparks sind technisch unausgegorene und, wenn sie überhaupt jemals laufen werden, dann mit extrem hohen Kosten arbeitende Konzepte, mit denen eine Politik noch viel höherer Strompreise als bisher festgeschrieben würde. Die Bundesregierung, Merkel plus Gabriel, verfolgt offenbar ernsthaft die Schimäre, bis 2020 die „Windparks“ auf eine Nennleistung von 20.000 MW zu steigern, v.a. mittels der Offshore-Anlagen. Gleichzeitig steht die Kernenergie auf dem Aussterbeetat, wird sogar der Neubau von Kohlekraftwerken mit extrem teuren technischen Absurditäten wie der sog. CO2-Befreiung befrachtet, mit denen diese Regierung angeblich Klimaschutz betreiben will. Der sog. Klimaschutz durch CO2-Vermeidung ist eines der unwissenschaftlichsten Ökomärchen der letzten Jahrzehnte überhaupt. Auslaufen der Kernenergie, ungenügende sonstige Kraftwerksneubauten, wachsende Abhängigkeit vom Ausland bei Brennstoffen und einige tausend „Spargel“ in der Nordsee, die angeblich Massen von Strom liefern sollen, d.h. manchmal zuviel, manchmal zuwenig. Wenn das kein Rezept für weitere Netzzusammenbrüche und Stromrationierungen ist, was dann? Und es ist nicht nur der private Haushalt und der Betrieb in unserem Land, dem das blüht, sondern es wird die EU-Nachbarn ebenfalls treffen, wie der letzte blackout deutlich gemacht hat.

 

Diese abgeschottete, Ressourcen verschleudernde und Milliarden raffende Bürokratenwirtschaft bemäntelt sich dem Volk gegenüber mit angeblichen hehren ökologischen Zielen wie dem Klimaschutz. Wahrscheinlich wird dem russischen Volk in ähnlicher Weise das Gasprom-Putin-Regime verklärt, vielleicht mit Phrasen wie, man wolle doch gemeinsam Rußland wieder groß und mächtig machen. In welchem der beiden Länder aber ballt sich eigentlich mehr bürokratische Unfähigkeit, mehr Potential, die eigene Volkswirtschaft zu ruinieren, zusammen: in der großen Koalition und in den großen Energieversorgungs- Unternehmen, die nun anscheinend ernsthaft darangehen, den Ausstieg aus der Kernenergie mit kleinen Modifikationen zu verwirklichen, und sich für die kommenden Jahrzehnte Hunderte von Milliarden Extrasubventionen für den Offshore-Wind garantieren lassen – oder in Rußland,  wo die Infrastruktur der Gas- und Ölförderung seit Jahrzehnten verfällt und bei weiterwachsenden Profiten man aus der Korruption, dem technischen Verfall und den Zusammenbrüchen nicht herauskommt?

 

Am 25.11. 06 schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“:

 

„Der Vorstandschef von Gasprom, Aleksej Miller, und der Chef der Vereinigtem Energiesysteme, Anatolij Tschubajs, wurden im Kreml vorstellig und ließen Präsident Putin wissen, daß schon im kommenden Jahr zu wenig Gas zur Verfügung stehe, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Stromerzeuger beklagten, daß sie schon jetzt den zunehmenden Bedarf an elektrischer Energie nicht mehr decken können, weil das von Gasprom angebotene Gas knapp wird. Miller und Tschubajs forderten daher einmütig, im kommenden Jahr den Gaspreis wenigstens für Kunden aus der Industrie um fast das Doppelte auf 80 Dollar je 1000 Kubikmeter anzuheben. Sie erhofften sich von einer Preiserhöhung nicht nur den rationaleren Einsatz von Gas und elektrischem Strom und damit eine Drosselung der Nachfrage, sondern auch zusätzliche Mittel für Investitionen, um das Angebot an Strom und Gas zu erhöhen. Das russische Energieministerium rechnete bei dieser Gelegenheit vor, daß Gasprom und die unabhängigen russischen Gaskonzerne gemeinsam bis 2011 rund 600 Milliarden Dollar in die Förderung und Erschließung von Erdgasfeldern investieren müßten, damit die steigende Nachfrage gedeckt werden könne. Daß der Investitionsbedarf zur Modernisierung der Stromerzeugung ebenfalls astronomisch hoch ist, ist seit Jahren bekannt.”

 

Wenn man zynisch sein wollte, könnte man dem russischen Staat empfehlen: gebt die Preise frei, schanzt Gasprom und den anderen Energiekonzernen in den nächsten Jahren die geforderten zusätzlichen 600 Milliarden zu, und vergeßt bei alledem nicht, die Kunden in In- und Ausland schon einmal  mental auf noch größere Versorgungspleiten vorzubereiten, denn die werden die sichere Folge dieser Politik sein.

 

Wenn man dem deutschen Staat und seinen „Gasproms“ gegenüber genauso zynisch sein wollte, dann würde man  ihnen empfehlen: beschafft euch die Hunderte von Milliarden für eure Offshore-Windparks, die angeblich 15 Atomkraftwerke ersetzen sollen. Treibt doch den Gestehungspreis des Stroms plus die Netzgebühren auf 10 Cent und mehr hoch, knöpft den privaten Haushalten statt 18 bald 25-30 Cent für die kwh ab, ermahnt die Industrie, die noch vorhandenen stromintensiven Betriebe möglichst komplett ins Ausland zu verlagern, und bereitet die Bevölkerung mental auf Serien von blackouts vor.

 

Nicht umsonst ist der frühere Bundeskanzler, der den Atomausstieg eingefädelt hat, heute einer der wichtigen Funktionäre von Gasprom für den Westen. Wir sehen gespannt Schröders zukünftigen Auftritten entgegen, wenn er diese Entwicklungen wird verkaufen müssen.

 

Noch ein deutliches Zitat:

 

„Großes Klagen hat man von den Gewaltigen der Energiebranche nach Putins Absage nicht vernommen. Auch das wundert niemanden, denn sie sind nicht nur Wirtschaftskapitäne, sondern auch dem russischen Staat eng verbunden. Der scheut nicht nur vor Wahlen Risiken, sondern betrachtet die Bildung eines freien Strom- und Gasmarktes prinzipiell mit großer Skepsis, obwohl damit die Chancen zur Modernisierung beider Bereiche größer würden. Zudem wird Gaspromchef Miller vorgehalten, daß es nach dem bisherigen Gebaren seines Konzerns keineswegs sicher sei, ob durch etwaige Preiserhöhungen erzielte zusätzliche Einnahmen auch zu Investitionen in der Gasförderung führen würden. Vielmehr müsse man wohl damit rechnen, daß der Konzern wie bisher viel Geld in andere Branchen investiere.“ (FAZ 25.11.06)

 

In diesem Text lassen sich einige Namen austauschen und einige Begriffe leicht modifizieren (kursiv gekennzeichnet). Das Ergebnis möge der Leser selbst auf möglichen Realitätsgehalt überprüfen. Das frappierende Ergebnis würde dann etwa so lauten:

 

Großes Klagen hat man von den Gewaltigen der Energiebranche nach Gabriels und Merkels Ankündigung, die Stromproduktion von Atomkraftwerken auf offshore-Windmühlen umzustellen,  nicht vernommen. Auch das wundert niemanden, denn sie sind nicht nur Wirtschaftskapitäne, sondern auch dem bundesrepublikanischen Staat eng verbunden. Der scheut nicht nur vor und nach Wahlen Risiken und sichert sich gerne mit einer großen Koalition ab, sondern betrachtet die Bildung eines freien Strom- und Gasmarktes prinzipiell mit großer Skepsis, obwohl damit die Chancen zur Modernisierung beider Bereiche größer würden. Zudem kann man den Chefs von Eon, Vattenfall uwf. vorhalten, daß es nach dem bisherigen Gebaren ihrer Konzerne keineswegs sicher sei, ob durch etwaige Preiserhöhungen erzielte zusätzliche Einnahmen auch zu Investitionen in der Kraftwerksinfrastruktur führen würden, Vielmehr müsse man wohl damit rechnen, daß die Konzerne wie bisher viel Geld in anderen Ländern investieren.

 

 

Manchem mag die Parallele vielleicht etwas überzogen erscheinen. Sicher gibt es auch Unterschiede.  Aber es kann nicht schaden, an die eigenen Strukturen auch einmal mit dem gleichen kritischen Blick heranzugehen, wie man das bei anderen Ländern zu tun pflegt. Was für eine Politik ist das, die hierzulande in den Führungen der großen Energieunternehmen und der parlamentarischen Parteien fest verankert ist, und welche Konsequenzen werden hier zwangsläufig eintreten, wenn dieses System nicht massiv angegriffen und durch ganz andere Strukturen und Leitlinien ersetzt wird?

 

Noch eine Parallele:

Auch hier tritt man die wichtigsten Ressourcen des Landes mit Füßen. Deutschland ist sicher im Gegensatz zu Rußland an fossilen Energieträgern wie Öl und Gas nicht reich. Aber die Kapazitäten der hiesigen Wissenschaftler, Ingenieure, Arbeiter und Unternehmen auf dem kerntechnischen Feld stellen ebenfalls eine äußerst wichtige Ressource dar.  Gestützt darauf könnten große Teile der Energieversorgung des Landes aus eigener Kraft bewältigt werden. Es gibt darüber hinaus auch eigene Uranvorkommen – die allerdings faktisch einem Abbauverbot unterliegen. Und auch die in vielen Jahren angehäuften, nur teilweise ausgenutzten Brennelemente, der sog. „Atommüll“ in der Diktion der KKW-Gegner, könnten durch Techniken wie Wiederaufarbeitung eine beträchtliche weitere Rohstoffbasis repräsentieren, wenn die politisch motivierten Blockaden dieser Techniken aufgehoben würden, was nicht heißen soll,  für energiepolitische Autarkie zu plädieren. Die internationale Zusammenarbeit mit anderen in der Atomtechnologie fortgeschrittenen Ländern wie Frankreich, Japan etc. ist natürlich geboten sowie auch die Entwicklung der Handelsbeziehungen mit den Ländern, die Uran etc. liefern können. Aber es ist jedenfalls richtig zu sagen, daß es in diesem Land einiges an Möglichkeiten auf diesem Gebiet gibt, die  allerdings schon teilweise verspielt wurden  und unter der Merkel-Gabrielschen Politik vollends verspielt zu werden drohen,  ganz ähnlich wie das russische bürokratische Raubkapitalismus-System die eigenen Ressourcen verplempert und den Bürger unterdrückt. Und beide stützen einander in erstaunlich unverhüllter  Weise.

 

 

 

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