Internet Statement 2007-53

 

Die Trauerfeierlichkeiten für Kristina Hani am 16.Mai

- der Fall wird nicht vergessen!

Hartmut Dicke    
5.Juni 2007        

Am Mittwoch den 16.5.2007 fand unter großer Anteilnahme die Beerdigung der ermordeten Schülerin Kristina Hani statt. Unmittelbar nach dem Anlaß gab es bereits eine Reihe Presseberichte darüber. Ich füge diesen Bericht nach, es ist wichtig, daß neben den großen politischen Angelegenheiten auch diese zahlreiche Mitbewohner in Neukölln und Kreuzberg bewegenden Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten oder verdrängt werden.
Kristina Hani war Mitte April in einen Koffer gesperrt, auf eine Parkanlage in Neukölln verschleppt und dort bei lebendigem Leibe in dem Koffer verbrannt worden. Einen Monat später wurde sie auf einem Kreuzberger Friedhof nahe dem Südstern beerdigt. Neben den Angehörigen, ihren Eltern und ihrem Bruder waren vor allem viele Mitschüler, Lehrer und Mitanwohner erschienen, insgesamt vielleicht gut 150 Personen.

Die Feier in der überfüllten Kapelle wurde von den Angehörigen und Bekannten von Kristina selbst gestaltet. Ein Rapper trug ein selbst komponiertes Lied über die Verstorbene vor.
Ein junger Bekannter schilderte kurz das Wesen der Verstorbenen, einer lange Zeit ausgezeichneten Schülerin und Kameradin, deren aufgeschlossene Art unter denen, die sie kannten, gewann.
In der zweiten Aprilhälfte bereits war es mehrere Male zu kleinen Aktionen der Anteilnahme und der Empörung in Neukölln, in der Gegend ihrer Wohnung gekommen. Der Vorfall hatte zahlreiche Bewohner dieses städtischen Bereichs zwischen Hermannstraße und Sonnenallee und darüber hinaus in ganz Berlin aufgewühlt. Bis heute, Anfang Juni, sind die Täter noch nicht gefaßt.

Wir kennen die Täter und die näheren Umstände des Geschehens nicht, aber wir kennen jene gesellschaftliche Szene, die seit Jahren jeden Tag an den einschlägigen Orten 13 bis 14 jährigen Jugendlichen ihren Stoff verkaufen, ohne daß der Staat dem mit den notwendigen Maßnahmen begegnet. Und wenn jemand einschreitet, so kann er mit hoher Wahrscheinlichkeit gewiß sein, daß dies noch durch gewisse höhere staatliche Organe unterlaufen wird. Seit Jahren steht die Justiz am Pranger, weil sie selbst überführte Dealer nach kurzer Zeit laufen und weiterwirken läßt. Der Verkauf von „Stoff“ an Jugendliche konnte am hellichten Tage laufend an verschiedenen Punkten beobachtet werden.
Es ist eine schlimme Sache, daß Jugendliche in der Umbruchphase, die sich von der Kindheit verabschieden und denen sich das Erwachsenenleben öffnet, hier an die dealende und zersetzende Szene ausgeliefert werden, und den Verbrechen gegenüber Kindern keine wirksamen Schranken gesetzt werden.

Vor fünf Jahren versuchten Anwohner und Lehrer aus den umgebenden Schulen mit der „Putzaktion“ in der Hasenheide die Dealer-Szene zu verunsichern, aber diese ließ sich einfach durch solche harmlosen Aktionen nicht beeinflussen, und sobald man weitergehen will, und es auf einen ernsthaften Konflikt ankommen lassen will, stößt man auf das Problem, daß der Bürger selbst in die staatliche Gewalt eingreift, was unter den heutigen rechtlichen Bedingungen nicht zulässig ist. Die rechtlichen Bedingungen aber sind geprägt durch Behörden und Justiz, über die wir die vorgenannte Feststellung treffen konnten. Das wirft die Fragen auf nach den politischen Kräften, die sowohl in der Verwaltung, den Behörden wie auch der Justiz stecken. Was treiben oder begünstigen sie letztendlich seit Jahren? Das Land hat schon so wenige Kinder und dann wird noch ein Teil von ihnen diesem Moloch ausgeliefert?!

Der Fall von Kristina rüttelte die Öffentlichkeit auf. Er zeigt, was in der Spitze der Pyramide des Verfalls hier möglich ist. Kommen die Jugendlichen mit dieser Szene in Verbindung, werden einige von ihnen direkt abhängig von Rauschgiftdealern und geraten in deren Schuppen und versteckte Treffpunkte. Was dort passiert, ist Sklaverei und Zerstörung ihrer Persönlichkeit in dieser oder jener Form.

Wir können der Familie ihre Tochter oder Schwester nicht wiedergeben. Aber wir haben die Verpflichtung, endlich die Beseitigung dieser Verhältnisse zu erwirken, wie auch die Verpflichtung, diejenigen, die dies durch die Hintertür fördern, so weit wie möglich in den Arm zu fallen und ihre weitere Verfolgung in der Zukunft zu erwirken.


 

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