Internet Statement 2008-24

 

Aktionen der Lastwagenfahrer in Spanien gehen weiter

Wassili Gerhard  16.6.2008    

Nachdem offenbar größere Speditionen in Spanien bereit sind, sich mit der Regierung zu verständigen, wird mit allen Mitteln versucht, die Streiks der spanischen Lastwagenfahrer zu beenden. Ein Großaufgebot an Polizei, es ist die Rede von 25 000, geht gegen die Lastwagenfahrer vor, die weiterhin Aktionen machen wollen, räumt die Barrikaden. Es gab regelrechte Straßenschlachten. Lastwagen, die die Belieferung wieder aufnehmen, werden unter Polizeischutz gestellt und eskortiert.

Während man hier in den Nachrichten wenig hört, ist die Presse in Spanien jetzt voller Hetze. Nachdem in den letzten Tagen zwei streikende Lastwagenfahrer ums Leben gekommen waren, was jetzt heruntergespielt wird, findet sich jetzt ein Opfer unter den Streikbrechern, das groß herausgestellt wird. Angeblich haben „Streikposten“ ihn von einer Brücke mit Steinen beworfen und von der Straße abkommen lassen, was nicht so ungeprüft für bare Münze genommen werden sollte. Es kommt doch allzu sehr gelegen.

Auch wird in jetzt der Presse die Verteuerung von Lebensmitteln mit dem Streik verknüpft. Dabei richten sich die Aktionen der Lastwagenfahrer ja gegen die Verteuerung des Treibstoffes, der auch auf die Kosten aller Waren vielfältig durchschlägt.

Angeblich wird der Streik nur noch von 20 % der Lastwagenfahrer getragen. Angesichts des Druckes, der von staatlicher Seite entfaltet wird, ist diese Zahl, soweit sie überhaupt stimmt, ja ein Eingeständnis, daß man die Proteste selbst mit dem großen Aufgebot an Unterdrückungsmaßnahmen und nach der Verständigung mit den großen Speditionen immer noch nicht geschafft hat zu unterdrücken. Es wurde zu einer Protestfahrt nach Madrid mit langsamem Tempo aufgerufen.

Den vielen kleinen Lastwagenfahrern, die formal zwar als Unternehmer gelten, aber in Wahrheit zu denen gehören, die die schlimmste Maloche haben, steht wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals. Sie müssen sehr knapp kalkulieren und werden von unvorhergesehenen Kosten leicht in den Ruin getrieben. Auch hier bei uns in Deutschlands ist das so, und hier werden die Aktionen der spanischen Kollegen bei den Fernfahrern vielfach auf große Sympathie stoßen.

Auch hier haben viele Lastwagenfahrer kaum noch ihr Auskommen, obwohl sie „Tag und Nacht auf dem Bock“ sind. Die Arbeitsbedingungen sind äußerst hart. Oft sind sie die ganze Woche unterwegs und campieren in dieser Zeit in den Lastwagen. Nach einem kurzen Wochenende geht es in der Nacht zum Montag schon wieder los, ein Leben auf der Strasse. Auch viele der formal selbständigen Fahrer sind Malocher mit einem nicht gerade üppigen Einkommen. In der Regel haben sie riesige Schulden abzutragen, und können von unvorhergesehenen Ausgaben leicht aus der Bahn geworfen werden. Dabei stehen sie unter einem enormem Konkurrenzdruck, der ihre Einkommen ständig verschlechtert. Ohne die heutige hohe Arbeitslosigkeit im Nacken würden sicher viele diese Bedingungen nicht mitmachen. Manche sitzen zwischen den Mühlsteinen, daß sie von den brutalen Arbeitsbedingungen verschlissen werden, aber keine Chance mehr auf einen anderen Job haben.

Frachten werden heute in einem hohen Maße über das Internet versteigert. Viele Firmen, die regelmäßige Fahrten zu vergeben haben, schließen Jahresverträge und weigern sich, bei einer Kostensteigerung nachzuverhandeln. Gerade große Speditionen bieten dabei die kleineren in den Keller, vergeben dann aber die Frachten ihrerseits wieder weiter an „Subunternehmer“ zu noch niedrigeren Preisen und nutzen die Notlage der kleineren Spediteure aus. Das kann sogar eine mehrgliedrige Kette ergeben. In Deutschland ist zum Beispiel die Firma DHL (aus der früheren Bundespost hervorgegangen) besonders auffällig in dieser Weise tätig, bietet ihre Dienste zu äußerst niedrigen Preisen an, bei denen viele andere Speditionen nicht mithalten können, und läßt ihre Fahrten dann z.B. von osteuropäischen Fernfahrern durchführen, die zu Preisen arbeiten, von denen einheimische Fahrer nicht mehr existieren können. Diese leben dann hier ebenfalls in ihren Lastwagen und ernähren sich von mitgebrachten Konserven.

Angesichts der brutalen Verhältnisse ist es daher eher die Frage, warum es hier nicht auch zu größeren Protestaktionen kommt.

 

www.neue-einheit.de     www.neue-einheit.com