Internet-Statement 2011-49

Rügen – Wie weit darf Geldgier gehen?

   

Maria Weiß  29.12.2011 

   

Am Kap Arkona auf der Insel Rügen passierte am zweiten Weihnachtsfeiertag ein seit längerem vorhersehbarer massiver Erdrutsch: eine Kreidefelsenkette an einer Uferstelle, welcher an dieser Stelle etwa 35 bis 40 Meter Höhe besitzt, rutschte komplett ein und begrub drei Spaziergängerinnen –eine Frau mit ihren beiden Töchtern- unter sich. Die Frau und ihre ältere Tochter konnten sich aus dem Kreideschlamm selbst, zum Teil allerdings nur mit schweren Verletzungen, befreien, die zehnjährige Tochter ist jedoch seitdem verschwunden. Spaziergänger, die ein Stück weit hinter ihnen gegangen waren, konnten die Katastrophe beobachten und Hilfe herbeirufen.

Was ist aber, zusätzlich zu dem zu befürchtenden schweren menschlichen Verlust, die eigentliche Katastrophe an dieser Sache? Nicht etwa die, daß ein Kreidefelsen abrutscht, das kann niemand verhindern, das ist naturbedingt, bei häufigen und starken Regenfällen wie in diesem Jahr, sogar sehr wahrscheinlich und bereits mehrfach an anderen Stellen dieses Ufers vorgekommen. Was hier ins Auge springt ist aber, daß diese Wege nicht gesperrt wurden, daß die Behörden sich sogar weigerten, dieses zu tun, und die Frage, die sich hier sofort stellt, ist die nach dem Grund.

Dazu höre man sich die Verantwortlichen mal wörtlich an. Oberbürgermeister Heinemann des kleinen Ortes Putgarten, zum dem dieses Kap gehört: man müsse ja auch die wirtschaftlichen Interessen im Auge behalten (!), und man könne solche Wege nicht einfach „wegsperren“. Wie bitte? Man glaubt es kaum, daß man sich nicht verhört hat. Zunächst ist die Formulierung „wegsperren“ auffällig, was soll das hier? Wegsperren tut man normalerweise Personen, die sich etwas zu schwerwiegendes zu Schulden kommen lassen haben, nicht aber Regionen oder auch Strände. Ein ziemlich schlechter Witz angesichts des vorliegenden Unglücks.

Ansonsten macht es den Behörden doch auch keinerlei Mühe, jede klickerkleinste Baustelle auf einer viel befahrenen Autobahn oder Straße, an Stellen, wo nicht selten größere Behinderungen des Verkehrs und stundenlange Staus dadurch hervorgerufen werden, „wegzusperren“! Was verbirgt sich also hinter derartigem Gerede, mal abgesehen davon daß es eine Verhöhnung der Opfer darstellt und eine ganze Menge der Einstellung derartiger Bürokraten ans Tageslicht fördert?

Aber damit noch nicht genug. Die Suche nach dem verschütteten Mädchen wurde bereits nach 20 Stunden abgebrochen, angeblich wegen des schlechten Wetters und der Gefahren die daraus für die Rettungskräfte resultieren könnten. Inzwischen lautete es heute Morgen sogar im Radio die Suche würde höchstwahrscheinlich erst im neuen Jahr fortgesetzt! Da fragt man sich wirklich, was das für Verhältnisse sind. Vergleicht man das mal mit anderen Ländern, beispielsweise mit dem vor einigen Jahren bekanntgewordenen Fall der verschütteten Bergleute in Chile: diese Leute hätten überhaupt keine Chance gehabt, wenn dort so vorgegangen worden wäre. Heute Mittag war dann allerdings zu hören, daß die Suche doch heute „schon“ fortgesetzt worden sei, und zugleich war zu hören, daß die Staatsanwaltschaft sich eingeschaltet habe und Ermittlungen bezüglich nicht vorgenommener Absperrungen aufgenommen habe. Man kann nur hoffen, daß die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Allerdings wenn man sich ansieht, wie das in Duisburg bezügliche der Verantwortlichen für die Loveparade-Katastrophe von statten gegangen ist, wo immer noch nichts Nennenswertes an Konsequenzen herausgekommen ist, dann sieht man, daß hier etwas ganz anderes gefragt ist, um derartigen Zuständen beizukommen.

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