Internet Statement 2016-13

 

Putin bildet sich ein, mit Lenin abrechnen zu müssen

 

Maria Weiß   27.02.2016      

Kürzlich geisterten hier einige Meldungen herum, daß der russische Präsident Putin angeblich mit Lenin und der Oktoberrevolution abgerechnet habe. Eine Neuauflage von letzterer würde es nicht geben – so wurde Putin zitiert und Lenin sei vor allem darin zu kritisieren, daß er mit seiner Befürwortung eines nationalen Selbstbestimmungsrechts, eines Rechts auf Lostrennung selber den Grundstein für den Zerfall der Sowjetunion gelegt habe

Der Sieg der Bolschewiki in Rußland, der Sturz des Zaren und der Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion unter der Leitung Lenins stellten einen gesellschaftlichen Umbruch von Weltbedeutung dar, der sich in der Folge auf die ganze übrige Welt ausgewirkt hat und weitere Umwälzungen in dieser angeregt und mit zum Sieg verholfen hat, nicht zuletzt vor allem die chinesische Revolution und Befreiung. Das zu leugnen zeugt schon einmal von einem wirklich erbärmlichen Bewußtsein. Auch der historische Sieg von Sowjetrußland gegenüber Nazi-Deutschland im zweiten Weltkrieg ist als eine Auswirkung dieser historischen Umwälzung zu betrachten. Dies zu leugnen hat sich ja noch nicht einmal die Gegenseite, der kapitalistisch dominierte Westen, bislang getraut. Wer sich das offenbar aber gegenwärtig traut, ist Herr Putin, seines Zeichens Präsident Rußlands. Allerhand! Historische Kenntnisse? Kein Problem! Man behauptet einfach, was einem zu Nutzen scheint.

Sie glauben doch wohl selbst nicht, daß es möglich gewesen wäre, einen hundert und mehr Millionen Vielvölkerstaat in einen Sieg gegen Nazideutschland und Andere zum Sieg zu führen, wenn nicht zuletzt die Ideologie Lenins und der Stolz auf das von seinen Ideen geleitete Vaterland, die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken als Ganzes den Kampf geführt und entscheidend beeinflußt hätte. Und diese Ideen beinhalteten eben auch die Freiheit der Lostrennung, setzt diese voraus. Deswegen wurde das akzeptiert, jedenfalls im Großen und Ganzen, und deswegen stand man auch dahinter, um es zu verteidigen.

Zar Nikolaus II war im ersten Weltkrieg nicht siegreich gegen die Imperialisten, im Gegenteil. Dieser brachte die russische Revolution hervor, führte sie letztlich mit zum Sieg. „Zar“ Putin, sollte es denn dazu kommen, zu einer erneuten imperialistischen Auseinandersetzung in Europa, wird es auch nicht sein, sondern er wird eher, genau wie erstgenannter, von seinen eigenen Völkern in die geschichtliche Versenkung gezwungen werden.

Was der proletarische Revolutionär Lenin völlig richtig in Bezug auf diesen Vielvölkerstaat Sowjetunion postulierte, das war die Freiheit der Lostrennung der einzelnen, darin zusammengeschlossenen Völker. Und weil diese Freiheit bestand, gab es auch den Zusammenhalt, auf freiwilliger Grundlage. Das hört aber in dem Moment auf, wo dieses Recht verweigert wird. Aber Herr Putin ist doch ein Geheimdienstmann. Er sollte doch wissen, daß die beste Unterminierung eines Staates darin besteht, indem man die Freiwilligkeit desselben untergräbt. Stärkt man daher die Elemente der Unterdrückung in einem gegnerischen Staatsgefüge, dann tut man diesem keinen Gefallen, denn ein solches Vorgehen mobilisiert gerade erst die Kräfte des Widerstands, die diesen von Innen schwächen. Der stärkste Zusammenhalt eines Staatsgefüges ist aber dann gegeben, wenn dieses sich auf freiwilliger Basis und auf innere Überzeugung der einzelnen Teile stützen kann. Betreibt man jedoch das Gegenteil, liefert man erst recht dem Gegner Ansatzpunkte zur Unterwanderung und Zerstörung.

Die jetzigen Bekundungen des Herrn Putin stellen nach dessen früheren Lobhudeleien für den Schlächter Stolypin das zweite Eigentor dieses Machthabers dar.

Es ist wie bei einer Verbindung zwischen zwei Menschen: Diejenige, die auf Zuneigung und Freiwilligkeit innerer Überzeugung beider Partner basiert, wird länger halten als diejenige, die auf Zwang und Unterdrucksetzung oder gar Erpressung basiert, eine solche ist bald zu Ende. Die Ausnutzung durch äußere Kräfte ist dabei zumeist nicht viel mehr als eine Begleiterscheinung oder ein Katalysator, nicht aber die Ursache. Nun könnte man natürlich entgegnen: Ein Staat ist etwas anderes als eine Ehe. Das ist selbstverständlich, trotzdem ist die innere Struktur ähnlich und die Auswirkungen bei Fehlverhalten ebenfalls.

Lenin in seinen Ausführungen zur nationalen und kolonialen Frage hat betont, daß die Jahrhunderte lange Unterdrückung in dem Verhältnis des russischen zaristischen Staates gegenüber den anderen Völkern gerade dadurch auszugleichen sei, daß man besonders einfühlsam mit deren Erfahrungen umzugehen habe, und besonders viel Freiheit der Lostrennung diesen unterdrückten Völkern gewähren muß. Das gilt für Staaten und Völker ebenso wie für zwischenmenschliche Beziehungen. Und je größer das Zugeständnis der Freiheit sich realisiert, desto enger und unverbrüchlicher kann sich der innere Zusammenhalt entwickeln.

 

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