Internet Statement 2018-73

 

„Kapitalismus für Alle“? - Es reicht langsam mit dem sozialdemokratischen Betrug!

Maria Weiß  26.08.2018     

Es reicht langsam mit dem sozialdemokratischen Betrug über die tatsächlichen unversöhnlichen Klassengegensätze. Das fing bereits im 19. Jahrhundert an, setzte sich im 20. Jahrhundert fort, hat u.a. den Nazifaschismus begünstigt und soll heute wieder aufgewärmt werden durch ein Pärchen wie Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine? Das ist doch eine Lachnummer, die sich da anbahnt. Man sollte sie als solche abtun. Es reicht hier wirklich mit der Betrügerei über die tatsächlich existierenden Besitz- und Eigentumsverhältnisse und deren Widersprüchlichkeit zur gesamten Bevölkerung. Das muß man sich nicht noch ein weiteres Mal als angeblich frisches Brötchen servieren lassen, als würde hier eine gerechte Gesellschaft zu realisieren sein, ohne die herrschenden Eigentumsverhältnisse umzuwälzen. So eine Illusion kann man heutzutage nicht noch einmal servieren, nach all den geschichtlichen Erfahrungen, die in dieser Hinsicht vorhanden sind.

Der Nazismus hat auch die Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze geleugnet und eine sogenannte „Volksgemeinschaft“ als Ausweg serviert. Wo diese geendet hat, das weiß jeder. Was soll es also, hier wieder eine Art „Volksgemeinschaft“ im Sinne eines angeblich gerechten Besitzanteils an den Produktionsverhältnissen und deren Ergebnissen in gleichberechtigter Form für Alle zu propagieren? Ein solcher Versuch wird ein ebensolches Ende finden, mal ganz davon abgesehen, daß diese Form von nationalem Betrug die internationalen Ausbeutungsverhältnisse vollkommen außen vor läßt. Es kommt einem irgendwie so vor, als wenn gewisse sozialdemokratische Gehirne nur noch dazu imstande sind, einen solchen idealistischen Mist zu produzieren. Vielleicht sollten sie ihn lieber auf ihrem Altersruhesitz belassen, aber nicht versuchen, die Gesellschaft einer solchen weiteren Irreführung auszusetzen.

„Gleiches Einkommen für Alle“? Das Kapital lacht sich ins Fäustchen. Na gut, vielleicht für Deutschland, auf der Basis der internationalen Ausbeutung. Das hält man vielleicht noch für möglich, aber das ist ein ebensolcher und nicht akzeptabler Betrug. Einem solchen gesellschaftlichen Quatsch gegenüber können sich können sich ja sogar die Revisionisten noch als Realisten positionieren.

Die Eigentumsfrage, weil sie der Mehrheit widerspricht, wird sie gern außer Acht gelassen. Das kann man aber nicht, weil man in jedem konkreten Fall unweigerlich wieder darauf gestoßen wird. Daher bedarf es gewissermaßen einer Art Umformung der eigenen Erkenntnisfähigkeit, damit dieses Prinzip, das Prinzip der sozialen Mehrheit, sich durchsetzen kann. Die Menschheit entwickelt sich zwar Schritt für Schritt, aber wenn man schon den nächsten Schritt dabei vergißt, dann kann man den übernächsten erst recht vergessen.

Ein weiterer Grund dafür, warum wir das Gesellschaftssystem des Kommunismus als unvermeidlich für die Zukunft halten, liegt an folgendem: Die gesellschaftliche Entwicklung ist auf einem derartig breiten Niveau am Wachsen, daß unweigerlich die verschiedenen Kräfte, die dies verursachen und tragen, untereinander in Konkurrenz treten und dazu geneigt sein werden, sich gegenseitig jeweils zum eigenen Vorteil auszuschalten. Um zu verhindern, daß die gesamte Menschheit in einem solchen globalen Vernichtungskrieg auf ein weitaus geringeres Niveau wieder zurückgeworfen wird, ist es notwendig, ein Gesellschaftssystem zu etablieren, welches sowohl individuelle Entwicklung als auch gegenseitige Rücksichtnahme im Zusammenleben ermöglicht. Dieses Modell, welches dafür am meisten die sozialen Voraussetzung schafft, ist eben das des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, das System des Kommunismus. Ein solches System zu erreichen ist unvermeidlich, will man verhindern, daß im globalen Maßstab die Welt sich auf Grund ihrer Widersprüchlichkeit, der sozialen Gegensätzlichkeit vernichtet. Was man in der Gesellschaft als kleines Kind schon lernt, daß man den oder die Anderen nicht bekämpfen und umbringen muß, um weiter zu kommen, sondern daß man es zusammen mit ihm oder ihr viel besser kann, das muß man auf die Gesellschaft übertragen und die Verhältnisse diesem angepaßt werden. Diejenigen Kräfte, die das nicht einsehen wollen, die müssen entsprechend bekämpft und außer Gefecht gesetzt werden, und die Mittel dafür müssen ihnen aus der Hand genommen werden. Ein solches Ziel aber kann nicht dadurch erreicht werden, indem man die existierenden Gegensätzlichkeiten klein redet oder verleugnet und so tut, als wäre das alles gar nicht so wichtig und als könne man auf der Grundlage der bestehenden Gegensätze und deren Unversöhnlichkeit ein System etablieren, in dem das nicht der Fall ist und jeder zu seinem Recht kommt. Letzteres ist eine gefährliche Illusion, die schon oft in der Geschichte nach hinten losgegangen ist.

Krieg ist notwendig, aber nicht um den Anderen zunichte zu machen, sondern um die eigene Existenzberechtigung zu verwirklichen, mit dem Ziel, letztendlich dafür zu sorgen, daß Alle das können. Die gesellschaftlichen Produzenten müssen daher dafür sorgen, daß die sozialen Verhältnisse es ihnen ermöglichen, die Produkte ihrer gesellschaftlichen Arbeit selbst in die Hand zu nehmen. Solange davon nur einige Wenige profitieren, jedenfalls so profitieren, daß es in keinerlei Verhältnis mehr zur gesamten Gesellschaft steht, solange kann ein solches Prinzip wie oben dargelegt, nicht verwirklicht werden. Es ist daher unvermeidlich, daß die Gesellschaft selbst die Produktivkräfte in die Hand nimmt. Nur wie das erfolgen kann, das ist einigermaßen schwierig. Es hat verschiedene Versuche bereits in der Geschichte gegeben, welche bislang alle erstmal gescheitert sind. Aus diesen muß man lernen, um die entsprechenden Vorkehrungen und Möglichkeiten herauszufinden, die ein längerfristiges Halten einer solchen Gesellschaftsordnung ermöglicht. Die Herausforderung besteht also darin, daß man herausfindet, wie das möglich ist oder ermöglicht werden kann, nicht jedoch darin, daß man sich über die Gegensätzlichkeit in der Gesellschaft einen Schleier über das Gesicht zieht und so tut, als würde es ausreichen, wenn man nur den Allerärmsten und Benachteiligten hilft, ohne die gesellschaftlichen Machtverhältnisse anzutasten.

Es gibt keine Möglichkeit der Ausbeutung für Alle. Das ist kleinbürgerlicher Unsinn, den Manche vertreten, um die Kapitalisten zu versöhnen, indem sie sagen: wir wollen ja euer System gar nicht antasten, wir wollen nur, daß es für Alle gilt. Das geht aber nicht, das ist ein Widerspruch in sich selbst.

Man sieht daran, daß man um eine - nennen wir es tatsächlich noch mal eine - Vergesellschaftung der Produktivkräfte, des erarbeiteten Reichtums einer Gesellschaft, nicht herumkommt, um eine Gesellschaft dazu zu befähigen, Jeden für das Wohl Aller arbeiten zu lassen, in der er gleichzeitig nur so für sein eigenes Wohl sorgen kann. Es versteht sich von selbst, daß hieraus folgt, daß über diejenigen gesellschaftlichen Mitglieder, welche bislang von der Arbeit Anderer gelebt haben, ein Diktat ausgeübt werden muß, ja man muß sie dazu zwingen, dieses Prinzip zu akzeptieren. Eine gewisse Art von Diktatur ist in einer solchen Gesellschaft noch eine Zeitlang unvermeidlich, nur daß diese eben eine der Mehrheit ist über eine Minderheit, mit dem Ziel, eine solche Diktatur überhaupt entbehrlich zu machen. Im Weltmaßstab betrachtet heutzutage über wenige Zehntausend, angesichts der über 9 Milliarden Menschen auf der Welt durchaus vernachlässigenswert für die gesamte Gesellschaft.

Die bisherigen Versuche, eine solche sozialistische Gesellschaft zu etablieren, jedenfalls dauerhaft zu etablieren, sind allesamt bislang vor allem daran gescheitert, daß sie es nicht vermocht haben, diejenigen inneren Kräfte vor allem des Kleinbürgertums, welches immer nach Großem strebt, im Griff zu behalten oder besser noch umzuwandeln, indem es in die gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe eingebunden wird. Rußland ist daran gescheitert, China ebenfalls und auch andere werden es in der Zukunft tun, wenn man dieses Problem nicht zu meistern lernt. Sozialismus bedeutet eben auch, daß man sich die Belange des Ganzen als Hauptziel setzt und sich diesem unterordnet und bis zu einem gewissen Maß eigene Bestrebungen und Wünsche auch zurückzustellen fähig wird. Das geht nicht anders, und wer das nicht tut, der erkauft sich damit wieder das (klein)bürgerliche Chaos, was man gerade eben eigentlich beseitigen will. Der russische Revolutionär Lenin hat es mal so ausgedrückt: Das Kleinbürgertum erzeugt tagtäglich Millionen (-und heute Milliarden) fach Kapitalismus und Bourgeoisie. Der chinesische revolutionäre Führer Mao Zedong hat auch versucht, dieses Problem in den Griff zu bekommen, indem er eine Bewegung zur Kritik an Lin Biao und Konfuzius in die Wege geleitet hat, die dazu beitragen sollte, es zu schaffen, was aber leider nicht dauerhaft gelang. Mao versuchte, vor allem die Kräfte auf dem Land, welche naturgemäß weitaus stärker in kleinbürgerlichen Vorstellungen verankert sind als beispielsweise das Industrieproletariat, zu mobilisieren, da in China die Landwirtschaft lange Zeit ein größeres Gewicht hatte als die Industrie. Zeitweilig ist es auch gelungen, bis es dann von Kräften wie Deng Xiaoping und Anderen nach Maos Tod zunichte gemacht wurde. Das sollte einen allerdings nicht zu Pessimismus verleiten. Es geht eben alles nicht mit einem Mal zu erreichten, man braucht sich ja bloß die gesamte Entwicklung der Menschheit zu vergegenwärtigen. Dass viele Umwälzungen individueller Natur oft mehrere Anläufe brauchen, das kennt man aus der eigenen Erfahrung. Erst recht gilt es für die Umwälzung ganzer Gesellschaften. Auch wenn gegenwärtig international eher wieder die Zeichen auf dem Erfolg von neuen oder alten Ausbeutergesellschaften stehen, das wird nicht von Dauer sein. Es sollte einen nicht dazu veranlassen, die Perspektive einer besseren Gesellschaft aufzugeben, allerdings nicht auf der Grundlage kleinbürgerlicher Illusionsmacherei. Anlaß zu Pessimismus gibt es jedenfalls nicht, denn überall auf der Welt wächst der soziale Widerstand. Nicht zuletzt Afrika ist dafür ein deutliches Zeichen.

Über die Schwierigkeiten, auf der Grundlage dieser Anschauungen eine Politik zu entwickeln und umzusetzen, mache ich mir keinerlei Illusionen. Aber es nützt doch nichts, nur weil es schwierig ist, etwas durchzusetzen, was man als richtig und notwendig erkannt hat, es aufzugeben und sich den herrschenden Verhältnissen zu unterwerfen oder anzupassen. Das ist eine völlig verkehrte Methode. Wenn man zum Beispiel sieht, daß der angebliche „Siegeszug“ des Kapitalismus in China, wo er inzwischen auch gelandet ist, etwa weniger Widerstand erzeugt, dann macht man sich etwas vor. Das ganze Bestreben der jetzigen chinesischen Ausbeuterclique, vor allem durch Ausdehnung nach Außen, zunächst mal nur auf wirtschaftlichem Gebiet, weiter zu kommen und sich überall auf der Welt breit zu machen, nicht zuletzt in Afrika, dient doch nicht zuletzt dazu, dem eigenen inneren Widerstand auszuweichen, indem etwas entgegengesetzt wird, was dafür wieder anderswo den Widerstand aufkommen läßt und nicht zuletzt die Konkurrenz mit anderen internationalen Großmächten befeuert. Selbst wenn es ihnen gelingt, für eine Zeitlang den eigenen inneren Widerstand damit zu bestechen oder zu ersticken, kann das nicht von Dauer sein. Schon jetzt ist ein deutliches Zunehmen der internationalen Konkurrenz zu verzeichnen. Die amerikanische Bourgeoisie hat ihren Hype mit China auch schon überstrapaziert und eine deutliche Verschärfung des internationalen „Klimas“ in dieser Hinsicht ist zu verzeichnen, selbst wenn sich die diversen Cliquen in den USA gegenseitig blockieren und den Erfolg streitig machen wollen.

Unser Hauptproblem besteht darin, es zu schaffen, die ausgebeuteten und benachteiligten Schichten in unserer eigenen Gesellschaft zu mobilisieren, ohne dabei kapitalistische und sonstige bürgerliche oder kleinbürgerlichen Illusionen Auftrieb zu geben. Das ist nicht ganz einfach, weil unsere eigene Gesellschaft, vor allem die breiten Massen, einer kämpferischen Einstellung entwöhnt worden ist, in Jahrzehnten, in denen man sozusagen die harte Arbeit „ausgelagert“ hat oder auch innerhalb des Landes selbst von Menschen, die von anderswo hergekommen sind, wo die Bedingungen noch schlechter sind, hat machen lassen. Das ist nicht einfach, diesen Widerspruch anzupacken und zu lösen, aber man schafft es mit Sicherheit nicht dadurch, indem diese soziale Gegensätzlichkeit einfach unter den Tisch buttert und so tut, als ob es das alles gar nicht gäbe und man einfach gleiche Teilhabe für alle fordern kann. So simpel ist das nicht, Frau Wagenknecht. Das sollten Sie eigentlich wissen, denn es ist ja nicht mal bei der Zusammenfügung des geteilten Landes auch nur annähernd verwirklicht worden. Bis heute gibt es hier beträchtliche und nebenbei vollkommen ungerechtfertigte Unterschiede selbst bei immer noch viel zu niedrigen Löhnen, von der sozialen Entwicklung mal ganz zu schweigen. Das werden Sie noch zu spüren bekommen. Wenn es darum geht, hier eine Gleichstellung zu erreichen, bitte, da machen wir sogar mit. Aber was wir nicht mit machen, das ist die Verbreitung von Illusionen in puncto gesellschaftliche Umwälzung, wie sie von Ihnen verbreitet werden.

„Kapitalismus für Alle“? Das ist einfach Unsinn. Nicht nur, weil es bedeutet, jeden sein eigenes kleines Ausbeuterunwesen aufziehen zu lassen, was angesichts der gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse und der daraus resultierenden internationalen Gegensätzlichkeiten eine wirkliche Absurdität darstellt. „Kapitalismus für Alle“ ist ein Widerspruch in sich, von der internationalen Dimension der Ausbeutung mal ganz zu schweigen. International schlagen sich die USA und China um den ersten Ausbeuterposten in der Welt, wobei noch etlicher kleinere Ausbeuterstaaten sich damit hinein ziehen lassen. Rußland ist zwar geografisch immer noch das größte Land der Erde, gesellschaftlich betrachtet sieht es allerdings in dieser Hinsicht seit geraumer Zeit eher umgekehrt aus. Darüber sollten wir nachdenken, denn wir sind davon als einer der ersten betroffen.

 

 

 

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