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Statement 2025-36
Zur Wohnungsfrage - Wie die Wohnungsnot bekämpfen? Uwe
Müller 24.10.2025 Eine der brennenden sozialen Fragen im Lande ist die immer größer werdende Wohnungsnot. Selbst bürgerliche Zeitungen sprechen mittlerweile von „sozialem Sprengstoff“. In Metropolen, in größeren Städten, und mittlerweile auch in kleineren, ist es kaum noch möglich, überhaupt eine Wohnung zu finden. Es gibt viel zu wenige. Im ganzen Land fehlen nach offiziellen Zahlen an die 1,2 Millionen Wohnungen. Aber nicht nur das, es gibt dort vor allem so gut wie keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Bezahlbar für Niedriglöhner, Normalverdiener, Arbeiter und Angestellte oder auch Rentner, seien es Singles, Paare, Alleinerziehende oder Familien. Oder seien es Studenten, die selbst in einer Provinzstadt wie Freiburg schon bis zu 700€ für ein WG-Zimmer berappen müssen. Durchschnittsmieten von 13-17 €/m² sind heute in vielen Städten Standard. Wer kann sich so etwas noch leisten? Ich selbst bin seit Monaten auch auf der Suche, in Freiburg und Umgebung. Für eine 2 Zimmer-Wohnung mit 50 m² wird selbst im Umkreis von 20 km selten weniger als 850 € Kaltmiete verlangt, und falls doch, sind die Wohnungen auf Grund Hunderter Bewerber kaum erreichbar. Es gleicht einer Lotterie, Einer hat Glück und alle Anderen gehen leer aus. Oft Hunderte Mitbewerber! Und wie sollen das Rentner, Anlernkräfte, Zeitarbeiter oder Alleinerziehende mit Halbtagsjob stemmen? Die oft nur 1700 € netto verdienen? Wie soll das denn gehen.!? Ohne Wohngeld ist das gar nicht mehr zu stemmen. Man wird trotz harter und ehrlicher Arbeit zum Bittsteller degradiert. Und muß zudem monatelang auf das Wohngeld warten, weil die Behörden nicht nachkommen oder ganz bewußt verschleppen. Und jedes Jahr muß es neu beantragt werden. Das ist ein bodenloser Skandal, das ist die Bankrotterklärung dieses Systems, dieses Staates. Noch weitaus schlimmer sind die vielen Arbeiter aus Osteuropa oder arbeitende Migranten dran. Die müssen für ein Bett in einer Bruchbude 300 € oder mehr abdrücken, weil sie gar keine andere Wahl haben. Brutale Ausbeutung, moderne Sklavenhalterei ist das. Auch hier unternimmt der Staat so gut wie nichts dagegen. Selbst die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“ hat die Wohnungsnot längst erreicht. Wohnungen in Freiburger Neubaugebieten sind selbst für gut bezahlte Fachkräfte, Beamte oder Ingenieure kaum bezahlbar. Ein Beispiel gefällig? Für eine 2 Zimmer-Wohnung am Güterbahnhof mit 64 m² wird eine Kaltmiete von sage und schreibe 1509,17 € verlangt. Das ist ein Quadratmeterpreis von 23,50€! Und dann noch Heiz- und Nebenkosten, und für einen Auto-Stellplatz kommen noch einmal schlappe 100€ dazu. Millionen Menschen sind direkt davon betroffen. Findet man eine Wohnung,
dann gehen oft über 50% des Nettoeinkommens nur für die Miete drauf, Kaltmiete
wohlgemerkt. Auch die Heiz- und Nebenkosten steigen unaufhörlich und erschreckend
schnell, dank der Energie- und Klimapolitik. Leer stehende, ja gar bezahlbare Wohnungen gibt es allerdings auch noch. Aber eben dort, wo es keine Arbeitsplätze und keine Perspektive mehr gibt, auf dem Land, oder in Ostdeutschland, wo die Jungen nach der Wende fast alle weggezogen sind etwa nach Süddeutschland, wo es (noch) Jobs in Fülle gab.
Der Ursachen sind viele, meist werden nur einzelne Punkte heraus gegriffen und behandelt, andere hingegen nicht einmal erwähnt - je nach politischer Couleur. So wurde der sog. soziale Wohnungsbau in den letzten Jahren massiv herunter gefahren, die Sozialbindung vieler alter Wohnungen laufen aber aus. Die Flüchtlingswelle von 2015 hat die Wohnungsnot zusätzlich verschärft, hat die damalige Merkel-Regierung doch versäumt, für schnellen ausreichenden Wohnungsbau zu sorgen. Millionen Flüchtlinge, die man gerne aufgenommen hat und die sich integrieren sollen, müssen aber doch auch wohnen, auch die ukrainischen. Das ist aber die Schuld des Staates und nicht die der Flüchtlinge, wie die AfD das immer propagiert. Durchaus typisch für die AfD, nicht den Staat zu attackieren, und auch nicht die Profiteure dieser Horrormieten, sondern gegen die Flüchtlinge und Ausländer zu hetzen. Es wurden und werden generell viel zu wenige Wohnungen gebaut. Das Bauen und Erhalten wird aber auch immer teurer. Nicht einmal eine ganz ordentlich verdienende junge Facharbeiterfamilie kann heute noch ein Einfamilienhaus bauen, bei den Grundstücks- und Baukosten. Immer mehr Bürokratie aus Berlin und Brüssel, Öko- und Klimaauflagen ohne Ende, vom Dämmwahnsinn, der CO²-Steuer bis zum Heizungsgesetz - alles ohne Rücksicht auf die Kosten, die zum größten Teil auf die Mieter abgewälzt werden. Wie z.B. auch die Grundsteuer. Die höchsten Energiekosten in Europa tragen nicht nur zur Verteuerung der Baumaterialien bei, sondern treiben vor allem die Heiz- und Nebenkosten in schwindelerregende Höhen. Das Ökogequatsche der Grünen, es werde viel zu viel Fläche bebaut, hat zu einer massiven Reduktion der Ausweisung von Baugelände geführt. Auch eine nicht unwesentliche Ursache der Verknappung und Verteuerung. Es gäbe noch viele Einzelursachen aufzuzählen. Es ist aber wichtiger, den Kern der Wohnungsfrage zu erfassen. Und der Kern der Sache liegt im System, am Kapitalismus mit seinem Privateigentum an Produktionsmitteln und an Grund- und Boden. Häuser und Wohnungen werden eben in erster Linie als Investitions- und Spekulationsobjekt gebaut, nicht um den Menschen ein Heim zu geben. Es geht um Profit, es geht um Grundrente. Man sollte meinen, ein Dach über dem Kopf zu haben, sei ein grundlegendes Recht, das jedem Einwohner zusteht und für jeden bezahlbar sein muß, und sei er auch noch so arm. Weit gefehlt. Profit schlägt Menschenrecht. Bauen ist ein Geschäft und Wohnraum ist eine Ware, das ist im Kapitalismus nun mal so. “Eigentum verpflichtet“ steht in der Verfassung. „Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Na prima. Man lese genau: hier steht „soll“ und nicht etwa „muß“ [1]. Aus Sicht der Kapitalisten und Grundeigentümer ist ihr Eigentum zur Profiterzeugung und zu Pacht- und Mieteinnahmen verpflichtet. Punkt. Die Investition muß sich doch lohnen. Wir leben schließlich im Kapitalismus, in einer freien Gesellschaft, in der das private Eigentum geschützt, ja heilig ist. Ich bin frei, mit meinem Eigentum zu tun und lassen, was ich will. Ich soll sozial sein - muß aber nicht. Na dann nicht. Kostet nur. Kapital muß Mehrwert und Profit erzeugen, und Grundeigentum muß Grundrente generieren (die, ökonomisch betrachtet, einen Anteil der Gesamtprofitmasse, der vom Grundeigentum beansprucht wird bzw. ihm zugestanden wird). So läuft das im Kapitalismus. Sonst wird halt nicht mehr gebaut und Instand gehalten, lieber lassen wir‘s leer stehen oder verrotten. Oder bauen nur noch Luxuswohnungen für die, die es sich leisten können. Und genau so läuft das nun seit Jahren. Eigentum ist heilig. Trotz fehlender Wohnungen lassen die Immobilienbesitzer, insbesondere die großen Immobilienkonzerne, über eine Million Wohnungen leer stehen, um das Angebot künstlich zu verknappen und so die Preise noch höher treiben zu können. Oder sie sanieren (Wertsteigerung nennt man das), um dann höhere Mieten verlangen zu können. Oder das Gegenteil, sie lassen die Häuser verkommen, vertreiben die Mieter oder kündigen sie schließlich wegen „Eigen“bedarfs, um abreißen zu können und neu zu bauen, um in einer ganz anderen Preisklasse Wohnungen anzubieten. Man kennt das aus täglichen Meldungen in den Medien. Was früher die Ausnahme war, brutale und asoziale Miethaie, wurde im Laufe der letzten 20-30 Jahre immer mehr zur Regel. Was ist das für ein brutales System!? Auch „kleine“ Immobilieneigentümer und private Vermieter - da sind außer Kleinkapitalisten und Beamten auch viele gut bezahlte Arbeiter mit dabei - sind in der Mehrzahl längst auf den Zug aufgesprungen und nutzen die Notsituation der Wohnungssuchenden schamlos aus. Nur ganz selten gibt es heute auch von privat noch erträgliche, faire Mieten. Und es werden Auflagen gemacht wie z.B. „Nichtraucher, möglichst nur Pendler, keine Haustiere, keine Kinder, keine Ausländer, keine Alleinerziehende, keine Arbeitslosen, keine Instrumentenspieler“ usw. Immer mehr Knebelmietverträge sind üblich, bis zu 3 Monatsmieten Kaution und mehr zwingt viele schon zur Aufnahme eines Kredits. Angesichte dieser für Millionen katastrophalen Entwicklung ist es viel zu ruhig im Land. Und was es an Bewegung gibt, kämpft an einzelnen Stellen gegen Zwangsräumungen, um einzelne Häuser oder Wohngebiete. Politisch gefordert werden Reformen wie z.B. die Mietpreisbremse, die nur wenigen wirklich etwas bringt und zudem unterlaufen werden kann. Oder Wiederaufnehmen des sozialen Wohnungsbaus. Seit Jahren wird das gefordert, aber alle bürgerlichen Parteien haben nichts dafür in die Wege geleitet. Im Gegenteil, ihre Klimaauflagen, ihre wahnwitzige Energiepolitik der letzten Jahrzehnte haben doch massiv zur Verteuerung mit beigetragen und trägt weiter dazu bei. Diese wird aber von der Bewegung nicht attackiert. Es ist wie bei den Gewerkschaften. Heute beklagen sie die Deindustrialisierung, zu der sie aber selbst mit beigetragen haben durch ihre Unterstützung der grünen Liquidationspolitik (dabei sind die Grünen zwar die treibende Kraft, SPD, CDU/CSU, FDP und die Linke machen aber fröhlich mit). Das allerhöchste ist die Forderung nach Enteignung der großen Immobilienkonzerne, was an sich ja nicht falsch ist. Es sind aber zum einen nicht nur die großen Konzerne, die kleinen Konzerne und privaten Hauseigentümer sind in der Mehrzahl nicht viel besser. Und zum anderen stellt sich vor allem die Frage: Wie soll man das in diesem System, in diesem Staat durchsetzen? Appellieren an diesen Staat, wird nichts bringen. Garantiert er doch das Eigentum und hat dieser Entwicklung tatenlos zugesehen oder gar gefördert. Ist er doch der Staat der Kapitalisten und der Grundeigentümer. Alle jetzt diskutierten Maßnahmen, um der Wohnungsnot Herr zu werden, sind lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Man muß das prinzipiell anpacken, ja radikal. Ohne das System anzugreifen, ohne das Privateigentum an Produktionsmittel und das Privateigentum an Grund und Boden anzugreifen und abschaffen zu wollen, bleibt der Widerstand zahnlos. Werden doch gerade jetzt etliche soziale Abfederungen abgebaut, alles wird fokussiert auf einen Krieg mit Rußland. Das System ist so was von bankrott, das zeigt sich ja nicht nur in der Wohnungsfrage. Manch bürgerliche Zeitungen fürchten den „sozialen Sprengstoff“ der Wohnungsnot, und auch so manche Mieterbewegte fürchten das. Man sollte sich aber nicht fürchten, im Gegenteil. Man sollte mutig den Kampf aufnehmen, den prinzipiellen und radikalen Kampf gegen dieses System. Den Kampf gegen die herrschenden Klassen, gegen das Kapital und das Grundeigentum. Es geht schließlich um die Existenz einer immer größeren Zahl der Bevölkerung, um die Existenz und das Dach über dem Kopf von Millionen eigentumsloser [2] Arbeiter und Werktätiger. Dieser Staat, dieses System, hat uns, der Masse der werktätigen Bevölkerung, längst den Krieg erklärt. Der Kapitalismus kämpft ums Überleben, und er scheut nicht davor zurück, dafür Millionen Menschen in den Ruin und Tod zu treiben. Das ist nicht bloß so daher geredet, nein, das lehrt uns die Geschichte und die gegenwärtige internationale Zuspitzung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern. Es gilt leider immer noch die Gesetzmäßigkeit: Kapitalismus führt zum Krieg, und zwar nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Was wir brauchen ist die soziale Revolution, die Vergesellschaftung der
Produktionsmittel und des Grund und Bodens.
_____________________________________________________ „Art 14 [2] Eigentumslos in dem Sinne, frei von Eigentum an Produktionsmitteln und Grund und Boden zu sein. Proletarier eben, die keine andere Möglichkeit haben, als ihre Arbeitskraft zu verkaufen.
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