Internet Statement 2007-86

 

Das Lehrstück bei der Bahn
Die Rolle der GDL

Hartmut Dicke, 20.10.07     

Seit einigen Wochen bewegt der Streik der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) die ganze Gesellschaft und vor allem die gewerkschaftliche Struktur in diesem Land.
Er zeigt, wie eine kleine Gewerkschaft mit vielleicht ca. 38.000 Mitgliedern ungemein mehr bewirken kann als eine große Gewerkschaft, die zugleich mit dem sog. Establishment, mit den Parteien, mit dem herrschenden Unternehmertum eng verbunden ist.

Zum sogenannten gemeinschaftlichen Konsens

Als Hintergrund muß man erst einmal sehen, daß jahrelang die Löhne der Lokführer kaum erhöht worden sind und daß sie für eine hochverantwortliche Tätigkeit völlig unterbezahlt sind.

Nach Jahren hofft nun die Vereinigung der Lokführer, hier einen Durchbruch zu erreichen. Sie springt damit aus dem herrschenden Gefüge der Absprachen zwischen dem Staat, der „Arbeitgeberseite“, in diesem Fall der Bahn, und den Gewerkschaften heraus und geht „querdurch“. Das versetzt die bundesrepublikanische kooperative Gesellschaft in tiefe Unruhe, obwohl es doch im internationalen Maßstab gar nicht ein so bedeutsamer Vorgang ist.

Wie bei dem Verhältnis zwischen David und Goliath führt die GDL die mit 270.000 Mitgliedern viel größere Transnet in der Öffentlichkeit vor. Man sollte fragen, warum denn die Transnet mit ihren viel größeren Mitteln und ihren Verbindungen nicht längst den Widerspruch bei den Löhnen aufgegriffen hat oder wenigstens versucht, diese Forderungen erst recht durchzusetzen, nachdem die GDL dies angestoßen hat. Aber sie gehört hier mit zu den abgesprochenen politischen und ökonomischen Strukturen, und man sieht daran, wie wenig die Größe einer Gewerkschaft etwas bewirken kann, wenn sie in den Strukturen drinhängt.

Die Agitation aus der Presse, den Medien, Fernsehen war entsprechend. Man versuchte, die GDL als unverantwortliche Gewerkschaft hinzustellen, weil sie eben diese „abgesprochenen“, „kooperativen“ Vorgehensweisen nicht teilt. Aber es fruchtete nichts. Der Zuspruch bei der GDL wurde immer größer. Gestern am 19. Oktober wurden wir nun Zeuge, wie das öffentliche Schauspiel eine neue Wendung nahm. In aller Öffentlichkeit und viele Male wurde in den Medien gebracht, wie die Transnet nun einen erfolgreichen Abschluß erreicht.

Der Sprecher der Transnet stellte heraus, die Lokführer hätten bisher noch gar nichts erreicht, Null Prozent Erhöhung, sie aber, die Transnet, hätten nun 4,5 Prozent erreicht, dies beweise, daß das kooperative Verhalten der Transnet erfolgreich sei und nicht dasjenige der GDL, die nur einen „Vorteil“ bei der Profilierung suche. So etwa wurde es sinngemäß gebracht.

Das ist allerdings etwas für Einfältige. Denn wenn der Streik der GDL nicht wäre, wenn die Drucksetzung nicht da wäre, hätte die Transnet ihre 4,5 Prozent gar nicht erst bekommen. Das geht nach dem Prinzip: weil ihr brav und ordentlich seid, kriegt ihr einen Erfolg, diejenigen aber, die hier Druck ohne kooperatives Verhalten setzen, die müssen mit Null ausgehen.
Völlig zu Recht reagiert ein Großteil der Bahnbeschäftigten mit Empörung darauf und durchschaut dieses billige Manöver.

Der Versuch, hier die Kräfte zu spalten, ist offenkundig. Es ist gefordert, daß die Transnet endlich die Forderungen unterstützt und auch die Buhmannpropaganda gegen die GDL durchkreuzt.

Die bundesdeutsche Gesellschaft braucht gerade solche Kräfte wie die GDL, andere Gewerkschaften, auch politische Initiativen, die sich nicht mehr an den vorabgesprochenen, abgekasperten Rahmen halten, sondern wirklich etwas durchsetzen. Das gilt keineswegs bloß bei der Eisenbahn.

Und schon haben sich Leute bei den Grünen, bei den sog. Linken zu Wort gemeldet und vor solchen kleinen Gewerkschaften gewarnt, die hier aus der Reihe tanzen würden. Solche Wortmeldungen erfolgen, weil die Betreffenden Teil des abgesprochenen Theaters in dieser Gesellschaft sind.

Man kann nur hoffen, daß weitere gesellschaftliche Kräfte sich zu Wort melden und hier einmal das durchsetzen, was die Werktätigen brauchen. Mögen die Kapitalisten, mögen die großen Banken fluchen und sagen: mit der Arbeiterbewegung ist in Deutschland einfach nicht Schluß zu machen, sie kommt immer wieder durch. Hoffen wir darauf, daß sie durchkommt. Das kann nicht nur dieses Land, sondern alle europäischen Länder bestens gebrauchen, alle Länder auf der Welt. Schon gibt es große Streiks auch in Frankreich auf diesem Sektor.

Schluß damit, daß der Lebensstandard immer weiter runtergedrückt wird und alles dem gierigen Kapital zur billigen Gefolgschaft unterworfen wird.


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